[2015-11-19 JESC] „Das ist ein S-p-a-c-h-t-e-l.“ „S-p-a-c-h-t-e-l?“ „Ja, genau.“ Michelle holt tief Luft, geschafft. Sie lernt zurzeit intensiv Deutsch. Für sie ist es eine fremde Sprache und manchmal ganz schön kompliziert. Wer aber glaubt, eine neue Sprache zu lernen, würde bedeuten ein Arbeitsblatt nach dem nächsten auszufüllen, der irrt. Deutsch lernen kann ein Handabdruck, ein Spielplatz oder auch ein Tor sein.
Seit Oktober nimmt Michelle an einem Kunstprojekt teil, das sich speziell an die Jungen und Mädchen der neu eingerichteten Willkommensklasse an der Gesamtschule Eiserfeld richtet. In dieser Gruppe lernen 17 Schüler vormittags gemeinsam Deutsch. Ihr Alter reicht von der Stufe 5 bis zur EF. Und genau so unterschiedlich ist ihre Herkunft: Rumänien, Syrien, Italien, Irak oder Afghanistan. Erklärtes Ziel der Schule ist es, diese Kinder schnellstmöglich in unsere Schulgemeinde zu integrieren. Daher nehmen sie von Beginn an nachmittags am regulären Unterricht unterschiedlicher „Gastklassen“ teil, etwa in Mathematik, Sport oder Technik. Manchmal aber nehmen sie sich auch gemeinsam als Gruppe etwas vor, etwa in einem Kunstprojekt.
Organisiert und durchgeführt vom Fachseminar Kunst des ZfsL, wird den Schülern die Möglichkeit geboten, sich besonders kreativ der deutschen Sprache und dem Leben im Siegerland anzunähern.
In regelmäßigen Abständen werden Michelle und ihre Mitschüler von den Kunstreferendaren des Fachseminars Gesamtschule/ Gymnasium bei der Entwicklung und Umsetzung eigener gestalterischer Ideen begleitet und unterstützt. Dabei wurden in den ersten drei Doppelstunden zu unterschiedlichsten Themen wie beispielsweise „Ich in Siegen“ mit Ton, Zeichnungen und Malerei gearbeitet. In zum Teil ersten Kontakten mit den Materialien entstanden vielfältige Skulpturen und Bilder. Hobbys, die zurzeit nicht ausgeübt werden können sowie Wünsche und Träume für die Zukunft wurden dargestellt. Aber auch Erinnerungen an das Heimatland und die Flucht nach Deutschland finden ihren Ausdruck in Ton und Farbe und bieten dadurch immer wieder die Gelegenheit, trotz der unterschiedlichen Sprachen, miteinander in Gespräche zu finden, die thematisch selbst gewählt sind.
Nach der Überwindung erster Berührungsängste mit den unbekannten Künstlerwerkzeugen, die so schwierige Namen wie Tonmesser, Spachtel und Strukturschwamm haben, finden die Jungen und Mädchen immer mehr Wege sich auszuprobieren und entsprechend ihre Eindrücke und Gefühle auch abstrakt umzusetzen.
Michelle weiß, dass die nächste Projektsitzung bereits geplant ist und freut sich gespannt auf weitere Arbeiten.