MEINE NACHT MIT SABINE

[2020-02-10 JÜNG] Morgen, am Dienstag, ist alles wieder normal. Normales Winterwetter, normaler Verkehr, normaler Unterricht ab 8 Uhr. Ich jedoch denke ans letzte Wochenende.  Sabine winkt, sie ist im Anmarsch. Sie droht, sie wütet. Sabine ist keine Schönheit. Eher voluminös und ausgefranst in ihrem Äußeren. Eine Winterstürmerin halt. Temperamentvoll. Stets gewillt, alles aufzuwirbeln. Blätter, Gegenstände, Bäume. Eine, die Züge in Bahnhöfe weht und Flugzeuge in den Hangar. Eine, die mächtig gefährlich werden kann. Stürmisch, aufbrausend, schonungslos. Ein wahrer Orkan in der Nacht! Sabine verlässt mich und das Siegerland heute zu frühester Morgenstund´. Rauscht einfach reuelos von dannen. Oh Sabine!
Aber Sabine schafft auch klare Sicht. Auf den eher windstillen Montagvormittag-Himmel, ideal für spätwinterliche Wanderungen auf dem Schulweg. Auf die kollektiv vernetzte Psyche unserer Mediengesellschaft. Eine Gesellschaft, die freitags zur Mittagszeit schon genau weiß, welchen Weg Sabine montags nehmen wird. Nein! Die Gesellschaft weiß es natürlich nicht, die Medien glauben es zu wissen. Und die suggerieren der Gesellschaft, dass sie es weiß, es wissen muss. Oh Sabine!
Gut aber, dass es zu Allem entschlossene kleinere Entscheidungsträger gibt, die den Medien aufs Wort und ohne Zögern glauben. Sie sind meteorologisch kompetent und entscheidungsmächtig. Sie können den Unterricht von Schulen einfach ausfallen lassen. Den der eigenen und indirekt den der anderen Schulen auch. Wozu abwarten? Wozu erst einmal Sabine beobachten? Die Medien haben es doch gesagt. Und – es gibt Erwachsene, die, ihren Kindern gleich, kritiklos einfach aufsaugen, was sich an digitalem Ausfluss und Fake News irgendwo im Netz verfangen hat. Es steht doch da! Es muss doch stimmen! Oh Sabine! Was machen wir nur, wenn mal deine große Schwester kommt?