Menschlichkeit überdauert die dunkelste Nacht!

Unternehmer Klaus Vetter als Zeitzeuge für Schüler aus der Ukraine und der GEE

image[2018-06-23 JÜNG] „Ich kann nicht glauben, dass hier so etwas passiert ist. Gut, dass das vorbei ist.“ Lisa, Schülerin unseres Ivan-Trush-Partnergymnasiums, schaut nachdenklich auf die gepflegten Firmengebäude des Unternehmens Vetter an der Eiserfelder Straße. Gerade erst hat sie dem WDR-Lokalzeitteam ein Interview gegeben (s. Bericht der Lokalzeit vom 22.6.18, Minute 6:00 bis 09:30 https://youtu.be/cvVMhwcQU4o)

imageGemeinsam mit ihren 25 MitschülerInnen aus Eiserfeld und Brody (Bericht über den Austausch folgt!) betrachtet sie alte Fotografien: zu sehen ist dort eine ähnlich große Gruppe junger ukrainischer Mädchen vor den damaligen Firmengebäuden – ZwangsarbeiterInnen 1942 bis 1945!

imageAllzu viel können Lisa und ihre ukrainisch-deutschen Mitschüler natürlich nach über 70 Jahren nicht mehr identifizieren. Doch später werden sie mit jemand sprechen, der die Situation noch deutlich vor Augen hat: Klaus Vetter, heute Seniorchef unserer langjährigen Partnerfirma Vetter Krane, erzählt sehr anschaulich aus der Perspektive des damals Sechsjährigen. Er wurde von einigen dieser Frauen tagsüber betreut und hat 1995 engen Kontakt zu den noch Lebenden aufgenommen.

imageIn einem PowerPoint-Vortrag mit vielen Bild- und Textdokumenten lässt Klaus Vetter für alle Beteiligten die damaligen Zeitumstände anschaulich aufleben: die Unterbringung auf dem Eiserfelder Werksgelände, die kargen Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, das gemeinsame Mittagessen des kleinen Jungen von ukrainischem Borschtsch mit seinen „Nannys“, das gemeinsame Entsetzen bei Bombenangriffen. Dass die jungen Zwangsarbeiterinnen die Belegschaft in den nahe gelegenen Stollen überhaupt begleiten durften, war in der imagedunklen Zeit der Menschenverachtung des Nationalsozialismus keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Auch der alltäglich Umgang mit ihnen, das dokumentierte Bemühen der Firma Vetter um Versorgung, Leben und Überleben „ihrer Ostarbeiter“ hebe sich deutlich ab vom gleichgültigen und oft auch brutalen Umgang anderer Firmen mit über 30.000 (!) Zwangsarbeitern allein im Siegerland, so erzählt der ebenfalls anwesende Siegener Historiker Dieter Pfau.

imageEs verwundert daher auch nicht, dass sich nach dem Fall des Eisernen Vorhangs enge Kontakte zwischen Klaus Vetter und den nun schon betagten Ukrainerinnen entwickelt haben. Die letzte Überlebende, Nina, ist erst im September 2017 verstorben.

imageNachmittags, zurück in der GEE, erhalten Lisa und ihre Mitschüler aus Eiserfeld und Brody dann kopierte Dokumente zu jeder einzelnen Zwangsarbeiterin. Die sieben gemischt zusammengesetzten deutsch-ukrainischen Schülergruppen berichten nachher jeweils auf deutsch über zwei oder imagedrei dieser Frauen. Sie erzählen von ihren Lebensdaten, ihren Aufgaben, erwähnen Krankenhauszeiten, Besuche außerhalb des Firmenlagers, anderes Besonderes. Damit geben sie den Zwangsarbeiterinnen von einst anhand der Fotos ein Gesicht, nennen sie beim Namen, stellen sie uns allen als individuelle Menschen vor.

imageAlles in allem eine bewegende Beschäftigung mit einem dunklen Kapitel gemeinsamer ukrainisch-deutscher Geschichte in Eiserfeld. image